[  zurück zum Newsletter-Archiv  ]  

Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Juni 2011

Das neue KrW-/AbfG – ganz im Sinne des EU-Rechts?
Stoffliche Verwertung vor thermischer Verwertung?
Boden und Abfall
Die endlose Diskussion um die Wertstofftonne
Verpackungsverordnung überholt?
Entsorgungsverantwortung der Kommunen?
Abfallende-Diskussion
WEEE-Novelle
Kunststoffabfälle und Meeresverschmutzung
Rückschritt = Fortschritt in der Entsorgungslogistik?

Das neue KrW-/AbfG – ganz im Sinne des EU-Rechts?

Mit dem neuen KrW-/AbfG soll die europäische Abfallrahmenrichtlinie von November 2008 in deutsches Recht umgesetzt werden. Und das scheint auf den ersten Blick auch gelungen zu sein. Die fünfstellige Abfallhierarchie wird eingeführt, die Definitionen sollen im Wesentlichen übernommen werden …

Aber der deutsche Gesetzgeber ist erfinderisch. Denn das, was ihm an der Abfallrahmenrichtlinie nicht gefällt, wird schnell wieder relativiert.

Stoffliche Verwertung vor thermischer Verwertung?

Ja, die stoffliche Verwertung soll Vorrang vor der thermischen genießen. Nur, dass der Gesetzgeber dabei bleiben will, mit der bisher schon umstrittenen Heizwertklausel nun eine neue Abgrenzung schaffen zu wollen. Danach soll – solange nicht durch Verordnung konkretisiert – die thermische Verwertung der stofflichen gleichgestellt sein, wenn der Abfall einen Heizwert von mindestens 11.000 kJ/kg aufweist. Umsetzung des Europarechts? Förderung des Recyclings? Welche Verwertungsart ökologisch sinnvoller ist, sollte doch eher anhand der einzelnen Abfallfraktionen entschieden werden, und nicht pauschal über einen vorgegebenen Heizwert. Aber die teuren Verbrennungsanlagen müssen ja auch bestückt werden. Und dann noch die Energiekrise …

Boden und Abfall

Ähnlich geschickt wird das Thema „nicht ausgehobener Boden“ angegangen. Abweichend vom EU-Recht sind in Deutschland bisher nur bewegliche Sachen Abfall. Im sogenannten van-der-Walle-Urteil, das immerhin aus dem Jahre 2004 stammt, hatte der EuGH jedoch bereits klargestellt, dass auch nicht ausgehobener Boden Abfall sein kann.

Nun will der deutsche Gesetzgeber die Frage Abfall ja oder nein nicht mehr damit verknüpfen, ob die Sache beweglich ist oder nicht. Dafür soll aber an anderer Stelle klargestellt werden, dass die abfallrechtlichen Vorschriften nicht für nicht ausgehobenen Boden gelten.

Die endlose Diskussion um die Wertstofftonne

Und selbstverständlich ist die Diskussion um die Wertstofftonne auf’s Neue entbrannt. Allerdings mit umgekehrtem Vorzeichen. Hatte der Gesetzgeber im 1. Entwurf noch relativ strikt das Altpapierurteil des BVerwG zugrunde gelegt, so ist nun eher das Gegenteil der Fall.

Wir hatten es schon erwähnt: Sorgsam ausgewählte Köpfe dürfen sich zurzeit in einem Planspiel zusammensetzen – die Teilnahme ist „Chefsache“ – und bei allen Interessensgegensätzen ermitteln, unter welcher Regie die Wertstofftonne wohl am sinnvollsten sei.

Verpackungsverordnung überholt?

Im Zuge dieser Diskussion gibt es aber auch Aussagen von Fachleuten, die die VerpackungsV als solche für überholt ansehen. Aber war diese Verordnung nicht von vornherein überholt? Zunächst fehlten den Müllverbrennern die heizwertreichen Fraktionen, sodass sie Heizöl zufeuern mussten. Gleichzeitig wurde das System jahrelang durch einen Monopolisten beherrscht, der Konkurrenzverfahren madig machte. Und schließlich streiten sich die mittlerweile mehreren Systembetreiber regelmäßig und öffentlich über die Lizenzmengen.

Entsorgungsverantwortung der Kommunen?

Interessant in diesem Zusammenhang ist aber auch ein Rechtsgutachten, das für die Kommunen spricht. Den Kommunen könne auch dann die ausschließliche Entsorgungsverantwortung für Haushaltsabfälle zugewiesen werden, wenn gewerbliche Abfallsammler in Teilbereichen in der Lage seien, höherwertige Dienstleistungen anzubieten, so ein Zitat in der Fachpresse. Nein, es geht nunmal nicht um bestmöglichsten Umweltschutz, sondern um Erhalt und Stärkung von Positionen. Und dies gilt für beide Seiten, die sich nun mit dem Planspiel einigen sollen.

Abfallende-Diskussion

Apropos ausgewählte Köpfe. Die setzen sich an ausgewählten Orten zusammen, um zu ermitteln, wann welche Stofffraktion aus dem Abfallrechtsregime entlassen werden kann. So etwa Altpapier. Und auch Textilrecycler wollen erreichen, dass Kriterien für das Abfallende definiert werden. Immerhin kann bei Alttextilien konstatiert werden, dass die Chemikalien, die in der Neuware enthalten waren, längst ausgewaschen sind. Doch warten die Gremien zum Teil auch mit Ergebnissen auf, so etwa beim Altmetall, mit denen die Praxis letztendlich nicht leben kann. Insbesondere der maximal zulässige Fremdstoffanteil sei einfach zu eng gestrickt.

WEEE-Novelle

Bei der zu novellierenden Altgeräte-Richtlinie diskutieren die Fachleute u.a. darüber, welche Fraktionen noch unter den Anwendungsbereich fallen sollten. So muss unbedingt die dringende Frage geklärt werden, ob ein „singender Teddybär“ unter diese Richtlinie fällt oder nicht. Schließlich hat der Teddy eine Batterie im Bauch.

Kunststoffabfälle und Meeresverschmutzung

Sowohl Verbände der Kunststoffindustrie als auch die EU-Kommission haben die Notwendigkeit erkannt, gegen die Meeresverschmutzung durch Kunststoffe anzugehen. Die Meeresverschmutzung durch Abfälle sei ein „sehr, sehr großes Problem“, so Eu-Umweltkommissar Potočnik. Wie wahr! Wie auch die Quecksilberverseuchung, wegen der man eigentlich niemandem mehr anraten kann, große Meeresfische wie etwa Thunfisch überhaupt noch zu essen. Neu ist aber die von der Kommission angezettelte Diskussion, nicht biologisch abbaubare Plastiktüten möglicherweise ganz zu verbieten, auch wieder nicht. „Jute statt Plastik“ wurde schon vor einigen Jahrzehnten von vielen müde belächelt. Und ob ein solches Verbot die Meere und deren Bewohner wirklich rettet?

Rückschritt = Fortschritt in der Entsorgungslogistik?

Tatsächlich können wir uns aber noch an einzelnen Meldungen erfreuen. So wird nicht nur auf der autofreien Insel Juist der Müll mittels Pferdewagen entsorgt. Auch im nordfranzösischen Hazebrouck werden die Müllwagen von Kaltblütern gezogen. Der Hafer für’s Pferd sei billiger als Diesel. Und überhaupt: Die Pferdeäpfel kann man doch auch bestens energetisch verwerten!

Nein, unsere Sympathie ist in diesem Fall nicht gespielt. Warum soll Fortschritt immer etwas technisch Neues bedeuteten. Wie etwa das Verpressen von CO2, das nun per Gesetz ermöglicht werden soll. Zwar weiß kein Mensch, wie sich das Gas kurz-, lang- oder mittelfristig in den Kavernen verhält oder ob es nicht plötzlich – wie z.B. 1986 im Nyos-See in Kamerun – konzentriert und damit für Tausende von Menschen und Tiere tödlich wieder zu Tage tritt. Nur, um jetzt CO2-Einsparungen vermelden zu können. Und vielleicht ein paar Großaufträge anderswo zu erhaschen. Manche Bundesländer haben schon signalisiert, dass ihnen diese Technik zu heikel ist, weshalb man nun erwägt, auf Kavernen unter der Nordsee außerhalb des Hoheitsgebiets auszuweichen. Warum heißt Fortschritt nicht einfach: Auf Bewährtes zurückgreifen und diese Techniken verbessern, effizienter machen?

Zu guter Letzt wollen wir den immerhin 641-seitigen Umsatzsteuer-Anwendungserlass von März 2011 nicht unerwähnt lassen, über den das Bundesfinanzministerium Vereinfachungsregelungen im Umgang mit den Vorgaben zum tauschähnlichen Handel getroffen hat. Das muss übersichtlich sein! Damit Sie die Übersicht zumindest über die abfall- und umweltrechtlichen Anforderungen nicht verlieren, dienen Ihnen unsere Informationen und stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Verfügung.

 
zurück zum Anfang ]
©  2003-2011  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2011-06-15
Abfalltonne