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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Juni 2010

Diskussionen um das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz
Grau in Gelb und Gelb in Grau
Recyclingquoten
Kühe und Kilowattstunden
Abfallende-Diskussion, ErsatzbaustoffV und andere Erscheinungen

Diskussionen um das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz

Angesichts des Entwurfs des neuen KrwG kursieren die notwendigerweise interessensbedingten Stellungnahmen. Die jeweiligen Interessensträger versuchen, jeweils ihre Sichtweise in den Entwurf herein zu interpretieren und fordern, diese müsse nur etwas stärker hervorgehoben werden. Dann könne man mit dem geplanten Gesetz durchaus leben. So pochen die Kommunen auf ihre (angebliche) Verpflichtung zur Daseinsvorsorge – und darauf, dass sie ja Entsorgungsanlagen vorhalten müssten. Dass die Privaten ebenfalls in Vorleistung gehen, indem sie in Anlagen investieren, wird gelegentlich glimpflich übersehen.

Dabei sind auch Entsorgungsfirmen nicht vor der Krise geschützt. Kleine und mittelständische Firmen müssen heutzutage oftmals um ihren Kredit kämpfen; hinzu kommen die Meldungen über Insolvenzen. Doch können wir in diesem Zusammenhang auch Erfolgsmeldungen lesen. So konnte kürzlich eine Gesellschaft einen Anstieg des Betriebsergebnisses um immerhin 50 % vermelden. Allerdings handelte es sich dabei um eine ländereigene Sonderabfallbeseitigungsgesellschaft. Und damit auch künftig erfreuliche Betriebsergebnisse zustande kommen, wurde das entsprechende Landesabfallgesetz, das die Andienungs- und Überlassungspflicht regelt, kurzerhand geändert: Wer überlassungspflichtige Abfälle nicht andient, handelt künftig ordnungswidrig. Dass diese Gesellschaft längst gegen Privatfirmen konkurriert, indem sie z.B. „Komplettlösungen“ anbietet, stört den Landesgesetzgeber offenbar weniger. Das Ergebnis soll ja stimmen.

Grau in Gelb und Gelb in Grau

Ähnlich laufen die interessierten Diskussionen um die gemeinsame Erfassung von Haushaltsabfällen: Gute und vollautomatische Sortiertechniken gibt es seit Langem, auch wenn diese von dem früheren Monopolisten des Dualen Systems – sagen wir es höflich – madiggemacht wurden. Heute lesen wir von neuen Versuchsläufen. Grau in Gelb. Gelber Sack plus. Ist doch machbar! Gelb in Grau? Mmmh…? Letztlich wollen auch hier bestimmte Positionen, die auf dem Markt erreicht wurden, erhalten und ausgeweitet werden – in diesem Falle von den etablierten Systembetreibern des Dualen Systems gegen die Kommunen.

Recyclingquoten

Im Rahmen der Novellierung unseres Abfallrechts werden zudem die Karten über die zu erreichenden Recyclingquoten neu gemischt. Und ab wann diese Quoten gelten sollen. War man vor ein paar Jahren so optimistisch, bis 2020 alle Siedlungsabfälle verwerten zu wollen, so wird dieses Ziel doch wieder etwas heruntergeschraubt. Und wir brauchen eine umfassende getrennte Bioabfallabfallerfassung; wir brauchen Bioabfallkompostierung. Und das möglichst bald. Übrigens gilt Kompost aus Bioabfall als einer der wertvollsten Dünger!

Das kleine Problem ist nur, dass gerade dann, wenn eine Privatfirma eine solche Kompostierungsanlage betreibt oder neu in Betrieb nehmen will, nicht nur mit erheblichem Widerstand der Bevölkerung gerechnet werden muss. St. Florian lässt immer wieder grüßen. Manche Kommune weist schon baurechtlich gar keine Gebiete mehr aus, die für Recyclingbetriebe geeignet wären. Und in Gewerbegebieten werden zunehmend Anlagen der Ziffer 8 des Anhangs der 4. BImSchV – also Abfallentsorgungsanlagen – ausgeschlossen.

Und dann noch eine Kompostieranlage! Von der könnten ja Gerüche ausgehen!!

Ganz im Gegensatz zur landwirtschaftlichen Güllerei. Die nimmt der Großteil der Bewohner ländlicher Gebiete hin wie etwas ganz Natürliches. Nur, dass Gülle einfach nichts mit einem schönen Misthaufen, geschweige denn mit einem natürlichen Kuhfladen zu tun hat. Denn im Misthaufen und im Kuhfladen können die Bakterien fröhlich ihre Arbeit aufnehmen und das Ganze zersetzen. Die Gülle hingegen ist eine Brühe, in der sich nichts zersetzt.

Und dabei wachsen und wachsen diese Mengen. Denn die „moderne“ Kuh wurde zur Turbomilchkuh hochgepuscht. Ist ihr natürlicher Organismus auf die Produktion von ca. 8 l Milch pro Tag eingestellt, so hat sie nun, in der industrialisierten Landwirtschaft, 40 oder sogar bis zu 50 l Milch pro Tag zu produzieren. Armes Vieh. Und damit sie diese Milchleistung schafft, muss sie natürlich fressen, was das Zeug hält. Entsprechend große Mengen scheidet sie natürlich auch wieder aus.

Kühe und Kilowattstunden

Der geneigte Leser weiß ja, dass wir es mit den Tieren haben. Und wenn wir schon einmal beim Thema Kuh und Umwelt sind, wollen wir doch eine Meldung aufgreifen, nach der eine Kuh 8,3 kWh Strom täglich produzieren kann, wenn ihre Hinterlassenschaft in einer Biogasanlage verwertet wird. Sicher, getrocknete Kuhfladen wurden schon vor Urzeiten als Brennstoff verwendet. Diese heute im privaten Ofen verfeuern? Um Gottes Willen! Undenkbar! Aber wie nützlich kann die moderne Tierhaltung sein: Zur Erzeugung alternativer Energien und zur Abkopplung vom Weltölmarkt. Da sollten wir doch gleich eine Hyperturbokuh züchten, die noch mehr Milch und noch mehr Energie abwirft. Das Ganze vielleicht noch mit ein paar Schafsgenen gekoppelt – und so nähern wir uns langsam aber sicher der eigerlegenden Wollmilchsau.

Abfallende-Diskussion, ErsatzbaustoffV und andere Erscheinungen

Für die Festlegung der Abfallende-Kriterien für bestimmte Stoffe jetten zurzeit manche Ausschussvertreter intensiv kreuz und quer durch Europa, von einem workshop zum anderen. Dabei ist die Recyclingwirtschaft – zumindest teilweise – längst bereit, die Notbremse zu ziehen. Denn wenn dann REACH greifen sollte, bleibt man möglicherweise sogar lieber im Abfallrechtsregime!

Zum avisierten Entwurf zur ErsatzbaustoffV erfährt man im Moment kaum etwas Greifbares, und wenn doch, dann kann das übermorgen schon wieder überholt sein. Was kommt zuerst? Die GrundwasserV mit entsprechenden Werten oder eben die ErsatzbaustoffV? Oder soll das Ganze doch in ein Paket geschnürt werden? Welche Werte sollen es sein und wo – im Grundwasser oder an der Einbausohle? Werden diese Werte überhaupt umsetzbar sein, oder purzelt die Recyclingquote dieser Massenabfälle dann ins Uferlose? Sind die Werte – und hier übernehmen wir dankend den Gedanken – ökoeffizient? Und wo sollen die Massenabfälle Boden und Bauschutt eigentlich in ein paar Jahren hin? Auf Inertabfalldeponien? Oder sollen die Werte der GrundwasserV künftig auch für diese Deponien gelten? Hier zeichnet sich immerhin die Tendenz ab, dass sie für bestehende Deponien der Klasse 0 nicht gelten sollen – die genießen Bestandsschutz. Also jetzt noch ganz schnell Inertabfalldeponien genehmigen lassen?

Fragen über Fragen, die wir im Moment einfach nicht beantworten können, weil der Gesetzgeber nicht damit herausrückt, was künftig wirklich gelten soll. Und ob das – möglicherweise – in der Praxis auch umsetzbar sein wird.

Gelegentlich mutet es an, als ob die deutsche Umweltpolitik Standards vorgeben soll, die man aber gar nicht umgesetzt wissen will. Jedenfalls nicht hier. Wie wäre es, die Abfälle – selbstverständlich ganz sauber nach deutschen Standards und mit deutscher Umwelttechnologie – jottwede in der Welt zu entsorgen. Manch einer wäre sicherlich begeistert.

Aber eben nicht alle. Denn noch gibt es Entsorger, die ihre Dienstleistung hier anbieten wollen. Und die wollen wir gerne weiter unterstützen – mit unseren Informationen und mit Rat und Tat.

 
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©  2003-2010  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2010-09-01
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