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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Juli 2018

Sperrmüllurteile des BVerwG
Sperrmüll, Altkleider und ElektroG
Verbot von Einwegprodukten
Plastik in der Umwelt
Mikroplastik
Plastiksteuer
Recyclingquoten für Kunststoff
Akzeptanz von Ersatzbaustoffen
Das europäische Abfallpaket

Plastikmüll ist allüberall. Im Jahr 2050, so haben Forscher errechnet, werden gewichtsmäßig mehr Kunststoffe in den Ozeanen schwimmen als Fische. Und Plastikabfälle beherrschen die öffentliche Diskussion. Wie gut, dass die Europäische Kommission nun der wachsenden Plastikmüllflut einen Riegel vorschieben möchte: Einwegprodukte wie etwa Wattestäbchen, Einweggeschirr und -besteck sowie Stäbchen für Luftballons aus Kunststoff sollen verboten werden. Manch einer unkt, die Kommission greife nach dem letzten Strohhalm.

Sperrmüllurteile des BVerwG

Bevor wir uns dem Thema Kunststoffabfälle weiter zuwenden, möchten wir uns allerdings zwei aktuellen Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts zum Thema gewerbliche Sammlung von Sperrmüll widmen.

Ausgehend von dem Begriff des „gemischten Abfalls“ ergebe sich aus der Gesetzeshistorie eine enge Auslegung dieses Begriffs, so das BVerwG. Davon sei Sperrmüll nicht erfasst. Somit bestünde auch keine ausschließliche Überlassungspflicht des Sperrmülls gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger. Und so bestehe grundsätzlich die Möglichkeit, diese Abfälle im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben auch gewerblich zu sammeln.

Zudem sei zu berücksichtigen, ob es sich um Bestandssammlungen handelt, die bereits vor Inkrafttreten des KrWG durchgeführt wurden. Denn das Sammelsystem des örE habe sich bereits auf diese Bestandssammlungen eingestellt. Dies gelte selbst bei von der Kommune ausgeschriebenen Sperrmüllsammlungen. Denn dem beauftragten Dritten stehe keine Monopolstellung zu. Nur solche Sammlungen, die neu auf den Markt hinzutreten, könnten daher für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Entsorgung überhaupt relevant sein.

Nachdem das BVerwG immer wieder ausgesprochen kommunalfreundlich entschieden hat – man denke nur an das Altpapierurteil von Juni 2009 sowie an das Urteil zur gewerblichen Sammlung von Altkleidern von Juni 2016 – hat sich das oberste deutsche Verwaltungsgericht mit diesen Entscheidungen nun durchaus offener gegenüber gewerblichen Sammlungen gezeigt. Das ist doch mal was!

Sperrmüll, Altkleider und ElektroG

Aber Vorsicht! Die Freude über diese Urteile könnte sich allerdings bald wieder relativieren. Denn nach dem neuen ElektroG werden u.a. auch Möbel mit fest eingebauten elektrischen Bauteilen, so etwa der höhenverstellbare Schreibtisch oder der elektrisch verstellbare Fernsehsessel, unter dieses Gesetz fallen. Dasselbe gilt für Kleidungsstücke, so etwa Jacken oder Schuhe mit kleinen LED-Leuchten. All diese Teile müssen dann getrennt erfasst und entsorgt werden, wenn die Elektroteile fest mit dem jeweiligen Gegenstand verbunden sind. Zum Leidwesen der Sammler. Und sicherlich auch nicht gerade zur Freude der zugelassenen Erstbehandlungsanlagen von Elektroaltgeräten.

Verbot von Einwegprodukten

Kommen wir zurück zum Vorhaben der EU, bestimmte Einwegprodukte aus Kunststoff zu verbieten. So sollen z.B. auch Einweg-Getränkeflaschen und -verpackungen künftig nur noch zulässig sein, wenn die Deckel und Verschlüsse fest mit den Flaschen und Verpackungen verbunden sind. Kritiker befürchten allerdings, solche Verbote würden nur den Einsatz anderer, ökologisch ebenfalls nachteiliger Einwegverpackungen beflügeln. Es fehle eine Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Plastikabfallberge. Und die hygienischen Vorteile von Einwegmaterialien blieben sowieso unberücksichtigt.

Die geplanten Verbote sind somit umstritten. Denn es stellt sich zwangsläufig und berechtigterweise die Frage: Kann damit die Belastung der Meere, der sonstigen Gewässer und des Bodens mit Plastik, so auch mit Mikroplastik, tatsächlich eingedämmt werden? Denn aktuellen Meldungen zufolge wachsen die Mengen an Altkunststoffen stetig an. Und Deutschland ist sowieso europäischer Verpackungsmüllmeister.

Plastik in der Umwelt

Und so lesen wir tagtäglich Berichte von großteiligem Plastik und Mikroplastik in den Meeren und sonstigen Gewässern. Und das Plastik findet sich fast selbstredend auch in der Nahrungskette wieder. Auch häufen sich die Berichte über Mikroplastik im Boden. So haben Forscher in der Schweiz hochgerechnet, dass allein über den Klärschlamm mehr Mikroplastik in den Boden gelangt als in die Meere. Zudem sollen nach aktuellen Studien z.T. hohe Konzentrationen an Cadmium, Quecksilber und Blei aus den Kunststoffen freigesetzt werden.

Mikroplastik

So bestehen Forderungen, Mikroplastik in Kosmetika wie etwa Shampoos, Peelings oder Haarsprays gänzlich zu verbieten. Das ist sicherlich keine dumme Idee und würde nicht nur der Umwelt, sondern sicherlich auch der Gesundheit guttun.

Doch wird aktuell geschätzt, dass erhebliche Mengen an Mikroplastik gar nicht aus diesen Produkten stammen, sondern z.B. aus Kunststoffkleidung wie etwa Fleece-Pullis und -Jacken. Bei jedem Waschgang werden Partikel gelöst und – schwupps – landen sie im Abwasser und im Klärschlamm. Ähnlich beim Autofahren. Durch den Reifenabrieb werden Kunststoffpartikel freigesetzt.

Der Kampf gegen Mikroplastik in der Umwelt steht, so ist zu befürchten, noch ganz am Anfang…

Plastiksteuer

Unterdessen wird die von der EU-Kommission ins Spiel gebrachte Kunststoffsteuer heftig und natürlich höchst strittig diskutiert. Die Einen befürworten den Plan, die anderen befürchten, es sollten hierüber nur Haushaltslöcher gestopft werden, die durch den Austritt Groß-Britanniens aus der EU entstehen.

Ob eine solche Steuer oder, wie immer man es nennen will, ein solcher Beitrag tatsächlich zu weniger Plastik führt, wagen auch wir zu bezweifeln. Der Beitrag würde, so, wie bereits die Lizenzentgelte bei den Verpackungen, auf den Produktpreis umgelegt, und so zahlt jeder Verbraucher halt ein bisschen mehr beim Einkauf. Und die Steuer resp. der Beitrag ist wieder reingeholt.

Recyclingquoten für Kunststoff

Jedenfalls müsse das Kunststoffrecycling gefördert werden anstatt Verbote für einzelne Produkte auszusprechen, so die Forderung der einschlägigen Verbände. So müssten insbesondere Hersteller von Produkten und Verpackungen verstärkt in die Pflicht genommen werden, Recyclingkunststoffe einzusetzen. Andernfalls sei kaum vorhersehbar, dass die Recycling-Ziele der GewAbfV und des VerpackungsG auch nur annähernd erreicht werden. Das ist folgerichtig. Da, wo kein Markt für die Recyclingprodukte besteht, erübrigt sich auch der Aufwand, diese Produkte herzustellen.

Akzeptanz von Ersatzbaustoffen

Ähnlich wie bei Ersatzbaustoffen. Auch hier lohnt die Aufbereitung der mineralischen Abfälle nur, wenn die aufbereiteten Sekundärbaustoffe auch tatsächlich eingesetzt werden. Und hier ist tatsächlich die öffentliche Hand gefragt und gefordert. Denn diese ist in großem Umfang Verwender von Baustoffen. So haben auch die Vertreter des BMU erkannt, dass die öffentliche Hand vermehrt in die Pflicht genommen werden müsse, geeignete Recyclingbaustoffe / Sekundärbaustoffe einzusetzen. Letztlich sollten die öffentlichen Stellen verpflichtet werden, begründen zu müssen, weshalb solche Sekundärbaustoffe nicht eingesetzt werden sollen.

Tatsächlich wächst der Druck, mineralische Abfälle auch tatsächlich aufzubereiten und als Sekundärbaustoffe einzusetzen, unabhängig von dem ohnehin bestehenden Gebot der Ressourcenschonung. Denn Deponieraum wird knapp. Und die Baukosten schießen wegen der Entsorgungskosten in die Höhe.

Das europäische Abfallpaket

Aktuell wurde der Richtlinienvorschlag des EU-Abfallpakets beschlossen, wonach die Abfallrahmenrichtlinie sowie weitere Richtlinien geändert werden. Danach sollen neben den Recyclingquoten, die ab 2025 für Siedlungsabfälle gelten sollen, ab 2035 nur noch maximal 10 % des Siedlungsabfalls deponiert werden. Für Länder, deren Entsorgungsstruktur noch stark von der Deponierung abhängt, kann diese Frist auf Antrag verlängert werden.

Wie auch immer: Der Druck, alte Entsorgungsstrukturen zu durchbrechen und von der guten alten Hausmülldeponie endgültig wegzukommen, wächst.

 
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©  2003-2018  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2018-08-10
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