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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter März 2019

VerpackungsG
Vorrang Recycling
Massen an Kunststoffabfällen
GewAbfV
Baumischabfall
Boden-Bauschutt-Gemische
Metallspäne
Der Bock zum Gärtner?

Über den Wahrheitsgehalt mancher Nachrichten lässt sich trefflich streiten. Über andere nicht. Unbestritten dürfte heutzutage der Klimawandel sein. Außer von einem Mister Trump, der sich angesichts des diesjährigen strengen Winters in weiten Teilen der USA bestätigt fühlt: Es gibt keinen Klimawandel. Dass gleichzeitig und wegen bislang nie gemessener Überschwemmungen mittlerweile sogar Krokodile in manchen Städten Australiens spazieren gehen, wird diesen Präsidenten wohl kaum interessieren.

VerpackungsG

Schauen wir aber auf die aktuelle Entwicklung im Abfallrecht. Seit dem 1. Januar gilt es, das neue VerpackungsG. Wie viele Produzenten fragen sich: Bin ich registrierungspflichtig? Oder nicht? Oder muss sich der Hersteller der Verpackungen, die ich verwende, registrieren? Und hat sich dieser ordnungsgemäß registriert?

Die Zentrale Stelle gibt umfangreiche Informationen auf ihrer Internet-Seite. Doch wer da nicht durchblickt oder aber Fragen offen bleiben – sich an die Zentrale Stelle wenden? Erfahrungen zeigen, dass telefonisch keine Beratung, die individuelle Fragen klären könnte, erfolgt.

Sich im Zweifel also registrieren und nicht geringe Beiträge an ebendiese Stelle leisten? Andernfalls könnte man ja ordnungswidrig handeln! Im Zweifel werden die Verpackungen dann halt doppelt registriert und bezahlt, durch den Hersteller und den ‚Inverkehrbringer‘. Solche Doppeltregistrierungen und -zahlungen stören die Zentrale Stelle wohl am wenigsten.

Vorrang Recycling

Über das VerpackungsG soll das Recycling gefördert werden. Ja, die Fachpresse ist voll von solchen Vorhaben. Entsprechend brüskiert hat so manch einer auf den Artikel reagiert, der kürzlich in einer renommierten deutschen Wochenzeitschrift erschien: „… Deutschlands Recycling-System ist Müll“. Der Artikel lasse an Sachlichkeit missen. Es werde die „Aufbruchstimmung“, die gerade herrsche, das „yes we can“ verkannt.

Über das VerpackungsG würden zudem Anreize für ein recyclinggerechtes Design, den Einsatz von Recyclaten und nachwachsender Rohstoffen geschaffen. Wie diese Anreize aussehen sollen? Nun, darüber laufen gerade engagierte Debatten.

Massen an Kunststoffabfällen

Doch Hand auf’s Herz. Die ursprüngliche VerpackungsV stammt immerhin von 1991. Nachdem aktuell China und weitere asiatische Länder den Markt für Kunststoffabfälle dicht gemacht haben und die thermischen Verwertungsanlagen und Verwender von Ersatzbrennstoffen bestens ausgelastet sind, wird die Sache langsam brenzlig.

GewAbfV

Am 1. Januar sind zudem die Sortier- und Recyclingquoten der GewAbfV verbindlich geworden. Tatsächlich beginnen mehr und mehr Behörden zu kontrollieren, ob die GewAbfV umgesetzt wird – bei Erzeugern, bei Anlagenbetreibern.

Doch wie diese Verordnung zu vollziehen ist, bleibt letztlich offen. Denn noch immer gibt es keine Vollzugshinweise. Im August letzten Jahres wurde von der LAGA ein Entwurf vorgelegt. Aktuell rechnet man im 2. Quartal dieses Jahres mit dem Erlass entsprechender Hinweise. Und wir werden sehen, wie praxisgerecht diese letztendlich ausfallen werden.

Baumischabfall

Denn die Vollzugshinweise, so, wie im August 2018 vorgelegt, wären in manchen Punkten ziemlich praxisfern. So, wie die GewAbfV selbst. Was machen wir mit Baumischabfall, den berühmten Abfallschlüssel 17 09 04, wenn dieser vorwiegend nicht-mineralisch ist. Bislang ging dieser über Zwischenläger, in denen noch einzelne, verwertbare Bestandteile aussortiert wurden, direkt in die thermische Verwertung. Und wo soll er nach der GewAbfV respektive den Vollzugshinweisen hingehen? In eine Vorbehandlungsanlage. Die wird zwar nichts mit dem verschmutzten Gemisch anfangen. Obwohl – angeblich – alle Vorbehandlungsschritte durchlaufen werden sollen. Das Gemisch wird also auch weiterhin dahin gehen, wo es hingehört: In die thermische Verwertung. Nur um einiges teurer, weil es den Weg über die Vorbehandlungsanlage gehen soll.

Angesichts dessen, dass beim Kunststoff-Recycling gerade mal Aufbruchstimmung herrscht, erscheint es absurd, dass nun auch noch die wildesten, verschmutzten Gemische sortiert und weiter vorbehandelt werden sollen – unabhängig davon, dass diese Behandlung wahrscheinlich wohl ohnehin nicht erfolgt!

Boden-Bauschutt-Gemische

Ähnlich bei Boden-Bauschutt-Gemischen, die nach der Vorstellung von Vertretern des Bundesumweltministeriums ebenfalls recycelt werden sollten. Auf Basis der MantelV, ob und wann und wie diese auch immer kommen mag. Zurzeit weiß man nur, dass die Länder sich nach wie vor nicht einig sind.

Nun gut. Boden-Bauschutt-Gemische gelten aufgrund der LAGA-Mittelung M20 dann als Bauschutt und sind der ASN 17 01 07 zuzuordnen, wenn mehr als 10 % Bauschutt enthalten ist. Nur, dass solche Gemische oftmals ein einziger Batz sind. Aber wenn der Bauschutt abgesiebt werde, gewinne man doch schönen sauberen Boden und recyclingfähigen Bauschutt, so die Argumentation.

Wer den Ministeriumsvertretern diese Flausen in den Kopf gesetzt hat? Allein der Aufwand, der für das Absieben des Bauschutts erforderlich ist! Und angesichts dessen, dass selbst für sauberen RC-Baustoff und andere Sekundärbaustoffe immer noch erhebliche Akzeptanzprobleme herrschen, erscheint es alles andere als zielführend, in die letzte Krume Bauschutt, die am Ende einer Baustelle mitsamt dem Boden abgeschoben wird, Energie zu stecken. Das Material eignet sich für die Verfüllung – und kann dort bestens verwertet werden!

Metallspäne

Und noch eine Diskussion will kein Ende nehmen. Die Diskussion um die Einschlüsselung von Metallspänen. Die LAGA hält weiterhin daran fest, dass Späne mit tropfenden Ölanhaftungen dem Abfallschlüssel 12 01 18* zuzuordnen seien. Nur, dass es sich nun einmal nicht um Schlämme handelt. Und die klare Argumentation des Verwaltungsgerichts Sigmaringen wird überhaupt nicht berücksichtigt.

Nach einer Mitteilung in der Fachpresse werden nun vom Bundesumweltministerium zwei ganz neue Abfallschlüssel ins Spiel gebracht: ASN 12 01 0X (für die Kühlschmiermittel) und 12 01 0Y (für nicht gefährliche Abfälle, also die Späne). Diese seien beim gemeinsamen Transport getrennt zu deklarieren. Na super.

Nur: Wir haben ein europäisches Abfallverzeichnis. Und dieses ist nach sechsstelligen Zahlen aufgeteilt, gegliedert nach Herkunft, Gruppen und konkretem Abfall. Buchstaben kommen in dem Verzeichnis nun einmal nicht vor!

Würden diese X/Y-Schlüssel im Rahmen eines Transportes – im Inland oder im Rahmen einer grenzüberschreitenden Verbringung – verwendet, läuft man schnell Gefahr, seinen Begleitschein falsch ausgefüllt zu haben. Und das ist eine Ordnungswidrigkeit!

Der Bock zum Gärtner?

Kommen wir zurück zur Ignoranz gegenüber heutigen Umweltproblemen. Die allzu verblüffend ist. Stellen wir uns vor: die größten Betreiber der industrialisierten Massentierhaltung ernennen sich zu dem zentralen Tierschutzverband. Natürlich ohne die Haltung der millionenfach geknechteten Tiere ändern zu wollen. Eine Finte? Ja, eine Finte.

Keine Finte ist aber, dass ein weltmarktbeherrschender Lebensmittelkonzern – neben anderen führenden Konzernen – Partner der Allianz „Stop Ocean Plastics“ ist, über die die Vermüllung der Meere eingedämmt werden soll.

Doch gerade die Lebensmittelkonzerne zeichnen für die Vermüllung der Umwelt verantwortlich. Wir haben berichtet. Nicht zuletzt wegen der Vermarktung immer kleinerer Portionen von Instant-Nahrung, Milchpulver etc. Säuberlich verpackt. Die kleinen Portionen sind relativ teurer als die größeren Packungen. Ein gutes Geschäft! Doch ein Armutshaushalt kann sich evtl. die tägliche Kleinportion gerade noch leisten. Die lokalen Produzenten von Fleisch, Gemüse oder Milch können bei dieser Preisgestaltung natürlich nicht mithalten.

Aber halt: Ebendieser den Weltmarkt beherrschende Lebensmittelkonzern gründet ein Institut mit dem Ziel, dass ab 2025 alle Verpackungen recycle- oder wiederverwendbar sein sollen. Das wird die Ärmsten in Afrika und Asien freuen und die Vermüllung dieser Länder stoppen!

 
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©  2003-2019  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2019-03-30
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