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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter September 2019

Änderungen des KrWG
Siedlungsabfälle
Verfüllung
Festschreibung von Anforderungen
MantelV
Klagebefugnis des örE
Freiwillige Rücknahme im Handel
Vorrangige Nutzung von Sekundärrohstoffen

Kurz vor dem Sommerurlaub ist wie kurz vor Weihnachten. Der eine will seine Pause genießen. Dafür soll der Schreibtisch aufgeräumt, wie leergefegt sein. So rasseln aktuelle Gesetzesentwürfe und sonstige Entwürfe für neue Vorgaben just in dem Moment herein, in dem man meint, es könne doch etwas ruhiger zugehen. Und die, die immer noch oder schon wieder an ihren Schreibtischen sitzen, können sich damit abmühen und die Entwürfe prüfen.

Schöne Sommerpause!

Änderungen des KrWG

So wurde aktuell ein Entwurf zur Änderung des KrWG vorgelegt, der tatsächlich einige Neuerungen beinhaltet. Klarstellungen, aber auch weitere Verschärfungen. Einigen vorgesehenen Änderungen wollen wir uns hier widmen:

Siedlungsabfälle

Erstmals soll definiert werden, was eigentlich Siedlungsabfall ist. Nach dem Entwurf sind dies Abfälle aus privaten Haushalten wie etwa Papier, Pappe, Glas, Bioabfälle, Sperrmüll sowie weitere Abfälle, die typischerweise im Rahmen der privaten Lebensführung anfallen. Ferner zählen hierzu Abfälle aus anderen Herkunftsbereichen, die solchen aus privaten Haushalten vergleichbar sind.

Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung. Denn auch danach war Siedlungsabfall das, was typischerweise im Rahmen der privaten Lebensführung anfällt.

Klargestellt werden soll auch, dass z.B. Altautos oder Bau- und Abbruchabfälle nicht zu Siedlungsabfällen zählen. Auch dies entspricht der Rechtsprechung. Es sind eben keine Fraktionen, die typischerweise im Rahmen der privaten Lebensführung anfallen.

Gut und schön.

In den Vollzugshinweisen zur GewAbfV wird allerdings (noch) davon ausgegangen, dass es sich bei Abfällen, die im Rahmen von Umbau- oder Sanierungsarbeiten anfallen, um Abfälle aus privaten Haushalten handele, wenn der Privatmann die Arbeiten selbst durchgeführt. Damit wurde die bisherige Rechtsprechung einfach vom Tisch gefegt – wir haben berichtet. Aber auch gut und schön: Die Vollzugshinweise werden mit der Änderung des KrWG jedenfalls insoweit nicht mehr relevant sein.

Verfüllung

Es soll definiert werden, was eigentlich Verfüllung ist. Danach soll Verfüllung jedes Verwertungsverfahren sein, bei dem geeignete nicht gefährliche Abfälle zur Rekultivierung von Abgrabungen oder zu bautechnischen Maßnahmen bei der Landschaftsgestaltung verwendet werden.

Neu wäre, dass eben nicht nur die klassische Verfüllung von Abgrabungen, sondern auch der Landschaftsbau hierunter gefasst wird. Anforderungen an die Verfüllung sollen also auch für den Landschaftsbau gelten. Aber die neue Definition entstammt nun einmal der im Jahre 2018 überarbeiteten europäischen Abfallrahmenrichtlinie, sodass der deutsche Gesetzgeber sich hieran gebunden sieht.

Festschreibung von Anforderungen

Und mit der neuen Definition werden gleich Anforderungen festgeschrieben. Dass die für die Verfüllung verwendeten Materialien solche Materialien ersetzen müssen, die keine Abfälle sind, ist eigentlich selbstverständlich. Sonst läge keine stoffliche Verwertung vor. Und die Verwertung soll auf die Mengen beschränkt sein, die für die Erfüllung des Zwecks unbedingt erforderlich sind. Da kann schon ein gewisses Konfliktpotential vorprogrammiert sein. Denn üblicherweise wird ermittelt, welches Volumen verfüllt werden soll. Und da sind regelmäßig nur Circa-Angaben möglich. Schließlich müssen die verwendeten Materialien für die jeweilige Verwendung geeignet sein. Das ist eigentlich auch eine Selbstverständlichkeit. Aber was wird als geeignet anerkannt?

MantelV

Und prompt kommt die MantelV wieder ins Spiel. Hatten wir kürzlich berichtet, dass keiner so wirklich weiß, ob, wann und in welcher Fassung diese Verordnung tatsächlich kommen wird, forciert das BMU nun die weitere Bearbeitung. Bund und Länder sollten sich kompromissbereit zeigen, um die Verordnung verabschieden zu können, und das BMU hatte daher die Länder-Umweltministerien zu einem Termin am 12. September eingeladen. Bleibt nur zu hoffen, dass da nicht – wie schon bei früheren Vorgaben – ein fauler Kompromiss entsteht. Wir werden natürlich berichten, sobald neue Informationen vorliegen.

Gerade für die Verfüllung wurde die Forderung einer erweiterten Öffnungsklausel im Koalitionsvertrag aufgenommen. Auch da bleibt nur zu hoffen, dass die Parteien dem Koalitionsvertrag treu bleiben.

Klagebefugnis des örE

Im September 2018 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger kein eigenes Klagerecht gegen eine gewerbliche Sammlung zustehe. Wir haben berichtet. Dem örE stehe keine eigenständige Rechtsposition zu. Das hat die kommunalen Interessensvertreter auf Trab gebracht. Und sie wurden vom BMU erhört.

So soll dem örE ein Anspruch eingeräumt werden, dass die für gewerbliche Sammlungen geltenden Bestimmungen des Anzeigeverfahrens eingehalten werden. Damit erhält er ein gesetzlich geschütztes Klagerecht. Nach den Hunderten von Rechtsstreitigkeiten zum Thema gewerbliche Sammlung kann es also gleich wieder losgehen …

Freiwillige Rücknahme im Handel

Neben dem, dass die Anforderungen an die Produktverantwortung konkretisiert werden sollen, soll auch die freiwillige Rücknahme von gebrauchten Produkten durch den Handel geregelt werden. Noch im Mai dieses Jahres hatte der baden-württembergische VGH entschieden, der Handel könne auch solche gebrauchten Produkte freiwillig zurücknehmen, die nicht von ihm selbst vertrieben werden. Die Rücknahme könne sich auch auf gattungsgleiche fremde Erzeugnisse beziehen. Voraussetzung sei aber, dass die freiwillige Rücknahme eine untergeordnete Tätigkeit im Vergleich mit der Haupttätigkeit des Vertreibers darstelle.

Auch dieses Urteil will das BMU so nicht akzeptieren. Gesetzlich vorgesehen ist nun, dass Hersteller respektive Vertreiber grundsätzlich nur gebrauchte Produkte zurücknehmen dürfen, die von ihnen selbst hergestellt bzw. vertrieben werden. Zwar können auf Antrag auch gleichartige Erzeugnisse anderer Hersteller / Vertreiber zurückgenommen werden. Das darf allerdings – wie übrigens bei allen gebrauchten Produkten, die zu Abfall geworden sind und die Händler oder Hersteller freiwillig zurücknehmen wollen – nur in einem Umfang geschehen, der in angemessenem Verhältnis zu der Menge der selbst erzeugten / vermarkteten Produkte steht. Doch damit nicht genug: Durch die freiwillige Rücknahme soll die Kreislaufwirtschaft in besonderem Maße gefördert werden. Das bedeutet, dass die Verwertung höherwertiger sein müsse als die der Kommunen oder der gemeinnützigen oder gewerblichen Sammler. Na, da ist der Handel gefordert! Es wäre ja auch zu blöd, wenn sich nach den ganzen Streitigkeiten zwischen Kommunen und gewerblichen Sammlern nun auch noch eine dritte Partei etabliert, die Abfallströme an sich ziehen will.

Vorrangige Nutzung von Sekundärrohstoffen

Anstatt einer Prüfpflicht, so, wie sie bisher bestand, soll nun eine vorrangige Pflicht der öffentlichen Hand zur Nutzung von Sekundärrohstoffen vorgegeben werden. Die Verwendungspflicht gilt für solche Erzeugnisse, die für die jeweilige Verwendung geeignet sind und keinen Rechtsvorschriften entgegenstehen. Auch da wird dann wieder die MantelV ins Spiel kommen, wenn sie denn jemals kommen sollte und wie sie dann ausfallen wird. Schließlich dürfen keine unzumutbaren Mehrkosten entstehen.

Ob aber Unternehmer, die Sekundärrohstoffe anbieten, im vergaberechtlichen Verfahren einen Anspruch auf Einhaltung dieser Pflicht haben und damit klagebefugt werden, ist noch völlig offen. Zwar war das im Entwurf zum überarbeiteten KrWG vom 27. Juni 2019 noch so vorgehen. Doch wurde der Passus in der nun vorgelegten Fassung vom 5. August 2019 wieder gestrichen. Es bestehe deswegen noch Diskussionsbedarf.

Den Forderungen der Verbände sollte nachgekommen werden. Wenn aber daraus kein Anspruch für die Hersteller von Sekundärrohstoffen / Ersatzbaustoffen erwächst, läuft die vorrangige Verwendungspflicht gleich wieder ins Leere …

Das alles soll für Bundesbehörden gelten. Der Bund sah sich aus verfassungsrechtlichen Gründen offenbar nicht in der Lage, entsprechende Verpflichtungen auch für die Länder und Kommunen festzuschreiben. Dabei sind die es, die z.B. im Zuge ihrer Baumaßnahmen erhebliche Mengen an Baustoffen benötigen, die durch Ersatzbaustoffe ersetzt werden könnten.

Die Länder sind also, soweit noch nicht geschehen, auch weiterhin gefordert, entsprechende Vorgaben zu erlassen. Dann hätten Sekundärrohstoffe / Ersatzbaustoffe wirklich eine Chance.

So weit unser erster Überblick über einige geplante Änderungen des KrWG. Wir werden darauf zurück kommen. Ganz bestimmt! Aber die Sommerpause wird dann längst schon wieder vorbei sein.

 
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©  2003-2019  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2019-09-24
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