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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Februar 2021

Zu den aktuellen Diskussionen um die Mantelverordnung

Fehlinformationen
Bayern ist der Sündenbock
Marktkenntnisse über den Abfallmarkt
Recycling- und Verwertungsaktivitäten in Bayern
Was nutzt die Mantelverordnung
Deponiekapazitäten in Kürze erschöpft
Weitere Anhörung

All diejenigen, die sich schwerpunktmäßig mit der Entsorgung von anderen als mineralischen Abfällen befassen, mögen es mir verzeihen: Doch auch mit diesem Infobrief-Extra möchte ich auf die Diskussionen zurückkommen, die zurzeit rund um die Mantelverordnung toben. Und die offenbar auf Fehlinformationen beruhen, die in die Medien hereingetragen wurden, dort kursieren und zu einem regelrechten Spießrutenlauf entarten.

Fehlinformationen

Selbst die ‚heute-show‘ und deren durchaus erfreulich-frecher Moderator konnte sich seinen Kommentar nicht verkneifen. Ohne offenbar die Hintergründe tatsächlich verstanden zu haben.

Aber worauf beruhen diese Fehlinformationen, die die Medien nun aufgreifen? Mit Sicherheit kann man davon ausgehen, dass diese auf Interessensvertreter zurückzuführen sind, die jedenfalls für die öffentlichen Meinungsmacher glaubhaft sind.

Die Schuld für ein eventuelles Scheitern der MantelV in der beschlossenen Fassung liege nicht in den Entwürfen und der nun beschlossenen Fassung der MantelV. Also in der Fassung dieser Verordnung, in der die wesentlichen Forderungen, die seit 15 Jahren erhoben wurden, ignoriert wurden und werden. Vielmehr sei Bayern der Sündenbock, was von den meisten Berichterstattern fraglos übernommen wird.

Bayern ist der Sündenbock

So hat z.B. der Geschäftsführer des größten Entsorgers in Deutschland in einem Linkedin-Beitrag, der von der Fachpresse zitiert wurde, seinen Groll über die Haltung Bayerns zum Ausdruck gebracht.

Danach könne es einem in der Tat nach 15 Jahren Diskussion um die MantelV die Zornesröte ins Gesicht treiben, dass wir noch immer kein Ergebnis haben. Schuld seien die Bayern, die diese Verordnung nun blockieren. Sie hätten in den letzten Jahren nicht hinreichend Recyclingkapazitäten aufgebaut und die Entwicklung schlicht verschlafen. In Bayern hätte man vielmehr darauf vertraut, weiterhin alles in Steinbrüchen und vor allem in stillgelegten Sandgruben abkippen zu können.

Diese Aussage kann selbstverständlich nicht kommentarlos bleiben:

Marktkenntnisse über den Abfallmarkt

Denn wüsste man nicht, dass der Geschäftsführer des größten Entsorgers in Deutschland einen hervorragenden Überblick über das Geschehen im Abfallmarkt hat, so müsste man angesichts seines Kurzvortrags in Linkedin schlichtweg konstatieren: Der Mann hat keine Ahnung.

Recycling- und Verwertungsaktivitäten in Bayern

Natürlich werden in Bayern in großem Umfang Bauabfälle zu hochwertigem RC-Baustoff recycelt. Und es besteht ein Qualitätsmanagementsystem, in dem die Sekundärbaustoffe güteüberwacht und unter bestimmten Voraussetzungen von anerkannten Fachstellen als Produkt zertifiziert werden. Und natürlich werden nur Böden und solche Bauabfälle verfüllt, die sich für das Recycling nicht eignen. Allerdings nur, wenn die Verfüll-Genehmigungen, deren Voraussetzungen zuvor von den Fachbehörden eingehend geprüft wurden, hierfür auch tatsächlich vorliegen. Wie allerdings Herr Wilms darauf kommt, ausgerechnet Bayern wolle das Recycling be- oder verhindern, weil es die Förderung des Recyclings verschlafen habe, bleibt ein Rätsel. Oder aber eine gewollt falsche Aussage.

Oder sind das Recycling und die Verwertung mineralischer Abfälle für Herrn Wilms vollkommen unbedeutend, solange dies durch hunderte kleine und mittelständische Firmen erfolgt?

Was nutzt die Mantelverordnung

Er macht sich für die Mantelverordnung stark.

Ja, alle haben sich gewünscht, dass bundesweit einheitliche Regelungen erlassen werden. Die müssten aber auch angemessen und praxisgerecht sein!

Doch ausgerechnet mit der Mantelverordnung in der beschlossenen Fassung soll gerade nicht der Produktstatus von Sekundärbaustoffen ermöglicht werden. Und wie, bitte schön, sollen die Recyclingprodukte dann vermarktet werden? Wer will schon Abfall in seinen Baumaßnahmen einsetzen?

Der BDE, mit dem der größte Entsorger Deutschlands eng verbunden ist und der sich nun ebenfalls für den Erlass der MantelV in der beschlossenen Fassung stark macht, hat vor nicht einmal zwei Jahren geschätzt, dass ca. 50 bis zu 70 Millionen Tonnen mineralische Abfälle jährlich nicht mehr verwertet werden könnten, wenn die Mantelverordnung so, wie damals vorgesehen, in Kraft treten würde. Noch 2019 rechnete der BDE selbst damit, dass diese Massen zusätzlich deponiert werden müssten. Doch in dem damaligen Verordnungsentwurf war immerhin für bestimmte Sekundärbaustoffe noch der Produktstatus vorgesehen. Wie hoch werden hingegen die Mengen ausfallen, die zusätzlich deponiert werden müssten, wenn Sekundärbaustoffen überhaupt nicht mehr der Produktstatus zugesprochen werden soll?

Und wenn dann auch noch der gesicherte Verwertungsweg Verfüllung gekippt bzw. radikal beschnitten werden soll…

Deponiekapazitäten in Kürze erschöpft

Die Deponiekapazitäten werden, wie von Fachleuten berechnet, in den meisten Bundesländern in Kürze erschöpft sein. Und wohin dann mit all den Mengen an mineralischen Abfällen? Lange Transportwege, die ökologisch und ökonomisch alles andere als erwünscht sind, sind also vorprogrammiert. Die Entsorgungspreise werden in die Höhe schnellen. Und illegale Entsorgungswege sind gleichfalls vorprogrammiert.

Oder hat der Vertreter des größten Entsorgungsunternehmens in Deutschland bereits ein Konzept in der Hosentasche, wie er diese Massenabfälle künftig in die Hand nehmen will? Im Zweifel auf Kosten derer, die sich seit vielen Jahren für das Recycling und die umweltverträgliche Verwertung mineralischer Abfälle engagieren.

Weitere Anhörung

Nun hat das BMU eine weitere Anhörungsrunde eingeleitet. Und macht auch hier Druck. War zunächst die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme auf gerade mal 2 Wochen gesetzt worden, also bis zum 23. Februar 2021, so ist das auch schon wieder Schnee von gestern. Die Frist endet nun am 19. Februar 2021 um 12:00 Uhr. High noon!

Bleibt nur zu hoffen, dass weiteren Verbänden bewusst wird, dass mit der Verordnung in der vorliegenden Fassung kein Blumentopf zu gewinnen ist und der Einsatz von Sekundärbaustoffen und die weiteren umweltschonenden Verwertungswege alles andere als gefördert werden.

 
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©  2003-2021  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2021-02-17
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