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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Juni 2021

Verwertung mineralischer Abfälle
Gleiches und Ungleiches
Inkrafttreten und Evaluierung
Sekundärrohstoffe
Recycling von Verpackungsabfällen
Batterien und Elektrogeräte
Altholzverordnung
Das Klimaschutzgesetz
Klimaschützende Maßnahmen

Kennen Sie Taram, Youri und Junior? Nein? Das ist auch nicht wirklich verwunderlich. Das sind drei Pferde. Drei Pferde, die als Müllkutscher eingesetzt werden. Nicht in einem kleinen Dorf irgendwo in der Provinz. Obwohl es solche Vorbilder auch schon in kleinen, eher ländlichen Orten in Frankreich gibt. Nein, diese Pferde werden zum Einsammeln von Müll in einem Stadtteil von Brüssel eingesetzt. Und das seit immerhin circa 10 Jahren.

Verwertung mineralischer Abfälle

Fangen wir aber mit dem Dauerbrennerthema an: Nachdem die Bundesregierung und der Bundestag zugestimmt haben, hat nun Ende letzter Woche auch der Bundesrat seinen Segen gegeben: Zur Mantelverordnung. Also der Verordnung, die künftig die Verwertung mineralischer Abfälle regelt.

Die Verordnung ist nun tatsächlich mit der Öffnungsklausel verabschiedet worden, wonach ländereigene Regelungen für die Verfüllung beibehalten werden können. Zuvor gab es zwar noch eine Initiative des Umweltausschusses des Bundesrates gegen diese Öffnungsklausel; der Empfehlung des Ausschusses wurde aber nicht gefolgt.

Gleiches und Ungleiches

Manch einer äußert sich nun immer noch unzufrieden über das Ergebnis. Man habe doch bundesweit einheitliche Vorgaben treffen wollen – und prompt seien wieder abweichende ländereigene Vorgaben möglich.

Aber Hand auf’s Herz! Während bundesweit einheitliche Regelungen für die Verwendung von Sekundärbaustoffen sinnvoll sind, da diese bundesweit gehandelt und eingesetzt werden, geht es bei der Verfüllung um eng begrenzte lokale Maßnahmen. Und in Deutschland bestehen regional nun einmal große Unterschiede. Die norddeutsche Tiefebene ist aufgrund der geologischen Verhältnisse nicht mit weiten Teilen Bayerns vergleichbar. Und nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz soll doch Gleiches gleich, Ungleiches aber eben nicht gleichbehandelt werden!

Inkrafttreten und Evaluierung

Die Mantelverordnung wird in 2 Jahren in Kraft treten. Und so besteht zumindest die vage Hoffnung, dass in dieser Zeit noch wichtige Nachbesserungen erfolgen werden. So etwa im Hinblick auf die Anerkennung des Produktstatus von bestimmten Sekundärbaustoffen, die nach den Vorgaben der MantelV erzeugt werden. Denn wohin mit den so schön erzeugten RC-Baustoffen, wenn diese nicht als Produkt verkauft werden dürfen. Wer will schon Abfall in seinen Baumaßnahmen verwenden? Und die Frage der einheitlichen Untersuchungsverfahren für alle einschlägigen Entsorgungswege ist ebenfalls noch offen.

Sekundärrohstoffe

Nicht nur der Einsatz von RC-Baustoffen, sondern generell von Sekundärrohstoffen soll gefördert werden. Da sind sich alle Akteure einig. Hierfür soll die notwendige Akzeptanz geschaffen werden. Nur, dass der Bund selbst seine eigentlich bestehende Vorbildfunktion tatsächlich in keiner Weise wahrnimmt.

Zwar ist seit Ende letzten Jahres gesetzlich vorgegeben, dass jedenfalls die Bundesbehörden verpflichtet sind, der Verwendung von Recyclingprodukten den Vorrang zu geben. Doch rechtsgutachterlichen Anregungen, die dem BMU vorliegen, ist der Bund nicht gefolgt. Danach hätte über vergaberechtliche Vorgaben und / oder über eine Beweislastumkehr dieser Verbindlichkeit Nachdruck verliehen werden können. Darüber hätten die Anbieter von Sekundärrohstoffen durchaus ein einklagbares Recht auf die Verwendung ebensolcher Sekundärrohstoffe. Aber nein. Im Gegenteil: Im Gegensatz zu einzelnen Landes-Abfallgesetzen ist in § 45 KrWG explizit klargestellt: Rechtsansprüche Dritter werden durch diese Verwendungspflicht nicht begründet. Eine Pflicht ohne einklagbaren Anspruch – das fördert das Recycling und den Einsatz der gewonnenen Produkte!

Es bleibt noch viel zu tun!

Recycling von Verpackungsabfällen

In diesem Zusammenhang sei eine merkwürdige Aussage aufgegriffen, die in der Fachpresse zitiert wurde. Soeben feierte die Verpackungsverordnung (respektive nun das Verpackungsgesetz) ihren immerhin 30-jährigen Geburtstag! Herzlichen Glückwunsch!

Und so lobt der Chef des Dualen Systems, das einstmals eine Monopolstellung bei der Entsorgung der Verpackungsabfälle innehatte und immer noch eines der größten der Dualen Systeme ist, die Verpackungsverordnung als revolutionär und visionär. Das Konzept habe sich seitdem weltweit verbreitet und sei eine Schlüsselstrategie gegen die globale Plastikvermüllung. Aha! Das haben die am Schlimmsten vermüllten Flüsse in Asien, Afrika und auch in Südamerika sowie die Ozeane offenbar noch nicht kapiert, die in den letzten drei Jahrzehnten so viel Müll angesammelt haben wie niemals zuvor.

Und angesichts der aktuellen Berichte über die Exporte in die Türkei hat der Verpackungsmüll offenbar die revolutionäre und visionäre Tendenz ebenfalls verschlafen.

Batterien und Elektrogeräte

Mit dem Thema Batterien und Elektroaltgeräte hatten wir uns kürzlich noch beschäftigt. Daher hier nur in Kürze: Die Sammelquoten für beide Abfallarten sind rückläufig, was in Fachkreisen auf die aktuelle Gesetzes- bzw. Verordnungslage zurückgeführt wird. Diejenigen, die die Entsorgung dieser Abfallströme seriös sicherstellen wollen, erhoffen daher entsprechende Nachbesserungen. Wobei die Nachbesserungen für den ‚future waste‘, die Lithium-Ionen-Batterien, also dem Abfallstrom, der aufgrund unserer hochgelobten E-Mobilität erst noch richtig anwachsen wird, ohnehin sehr problematisch ist. Je mehr solche Batterien als Abfall anfallen, umso mehr werden weitere Brände befürchtet, insbesondere bei der mechanischen Behandlung der Batterien und abhängig von deren Rest-Ladezustand. Die Zukunft wird also heiß bleiben?

Altholzverordnung

Auch die AltholzV soll novelliert werden. Bislang liegt allerdings nur ein Diskussionsentwurf und noch kein konkreter Referentenentwurf vor. Immerhin zeichnet sich aber ab, dass keine Vorgaben für bestimmte Anlagenaggregate für Altholzbehandlungsanlagen vorgegeben werden sollen. Im Gegensatz zur GewAbfV. Dann hätte man ja tatsächlich etwas dazugelernt. Denn bei den Anlagen, die gemäß der in der GewAbfV vorgegebenen Anlagenaggregate erst einmal alles schreddern, um dann die einzelnen Fraktionen über aufwändige Technik wieder zu separieren, liegt die Recyclingquote bescheiden niedrig. Im Gegensatz zu den Betrieben, die erst einmal sorgfältig händisch sortieren. Denn da kann man tatsächlich noch sortenreine Fraktionen zurückgewinnen.

Das Klimaschutzgesetz

Das novellierte Klimaschutzgesetz ist übrigens ganz aktuell auch verabschiedet worden. Die Zielvorgaben für weniger CO2-Emissionen werden angehoben. Stufenweise soll Deutschland bis zum Jahre 2045 treibhausgasneutral sein. Mit einem Sofortprogramm 2022 stellt die Bundesregierung zusätzliche acht Milliarden Euro bereit für eine Industrie ohne Kohle, für grünen Wasserstoff und grünen Stahl, für energetische Gebäudesanierung und klimafreundlichen Verkehr. Enttäuscht zeigen sich insoweit manche Entsorgerverbände, die betonen, wie wichtig das Recycling und damit die circular economy für die CO2-Einsparung ist.

Aber was wird dieses Gesetz wirklich bringen? Dass sich Deutschland wieder einmal als Vorreiter sieht, so, wie man sich ja auch gerne als Recyclingweltmeister gesehen hat? Dass neue Technologien gefördert werden, die möglichst zu einem wunderbaren Exportartikel werden?

Von einem Importverbot von Soja aus Südamerika haben wir jedenfalls noch nichts gehört. Obwohl damit den Anreiz, immer mehr Amazonas-Regenwald abzuholzen, vielleicht etwas ausgebremst werden könnte. Die für zig Millionen Tiere qualvolle Massentierhaltung geht zu Ende? Und damit ein nicht unerheblicher Teil der weltweiten Treibhausgase? Nach Schätzungen verursacht allein die moderne Viehwirtschaft 14,5 Prozent dieser Gase. Lebende Kühe und Hühnerteile werden nicht mehr nach Afrika exportiert, um die dortigen Märkte zu zerstören? Unmengen an Schweinefleisch werden nicht mehr nach China exportiert? Nein, das alles ist nicht zu erwarten. Aber stecken da wirklich die kleinen Landwirte dahinter? Oder ist das nicht die Lobby der globalen Handelskonzerne?

Klimaschützende Maßnahmen

So kommen wir zurück auf unsere vierbeinigen Müllentsorger. In dem Stadtteil von Brüssel, wo die ihre Dienste tun, sind alle zufrieden: Die Passanten freuen sich über die Begegnung mit den Pferden. Der Müll kommt auf relativ leisen Sohlen weg. Die Anschaffung der Pferde mitsamt Kutschen ist um ein Vielfaches billiger als moderne Müllfahrzeuge. In all den Jahren passierte kein einziger Unfall. Und die herabfallenden Pferdeäpfel sind auch noch wertvoller Wirtschaftsdünger.

Es müssen also nicht Rennsäue durch die Straßen gejagt werden, die den Unrat vertilgen, so, wie in dem historischen Abriss in Euwid beschrieben. Es gibt auch sanfte Wege, das Rad ökologisch sinnvoll weiterzudrehen.

 
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©  2003-2021  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2021-06-29
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