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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter Mai 2025

Neue Kraft voraus?
Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft
Der Koalitionsvertrag und Bürokratieabbau
Die EBV
Überflüssige Regelwerke
Verwaltungssprache
Marktbereinigung
Nochmal der Koalitionsvertrag
Behördliche Überwachung

„Es befinden sich auf unserer Waldfläche zwei personenlenkende Einrichtungen, (…). Dies hat die Verkehrssicherungspflicht für die Bäume, die diesen Bereich beeinflussen können, zur Folge.“ Personenlenkende Einrichtungen? Wovon sprechen wir? Von Bänken. Von Bänken am Waldrand. Die zum Verweilen einladen könnten. Doch von den Bäumen könnten auch Äste herabfallen. Wie das im Wald nun mal so ist. Nur, dass der Waldbesitzer für eventuelle Schäden nicht haften will. Im konkreten Fall übrigens ein Erzbistum. Die betroffene Gemeinde allerdings auch nicht. Und so werden die Bänke abmontiert. Ein schlichter Hinweis: „Nutzung auf eigene Gefahr“ hätte die Bänke vielleicht retten können. Zur Freude derjenigen, die eine angenehme Ruhepause einlegen wollen.

Neue Kraft voraus?

Nun haben wir sie also, die neue Bundesregierung. Seit 11 Tagen. Mit Ach und Krach ist sie zustande gekommen. Die Koalition, die nun alles anders machen will. Die die deutsche Wirtschaft wieder auf Kurs bringen will. Und die vor allem wieder weltpolitisches Gewicht erlangen will.

So reist unser neuer Kanzler mit gewichtiger sauerländischer Miene (nein, nein, das ist kein Rassismus; Verfasserin kam selbst nur ca. 25 km Luftlinie von Brilon entfernt zur Welt) bereits von einem bi- und multilateralen Treffen zum anderen und demonstriert die Verantwortlichkeit Deutschlands für den Rest der Welt. Übrigens mit dem hübschen Verweis, dass man im Einklang mit der Weltmacht USA – eben mit Trump – agiere!

Aber was ist in der neuen Regierungskoalition eigentlich für die hiesigen Unternehmen, so insbesondere für die kleinen und kleineren mittelständischen Unternehmen der Entsorgungsbranche vorgesehen?

Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft

Zum Klimawandel bzw. zum Klimaschutz, den alle offiziell anstreben und den die Unternehmen mittels ihrer Nachhaltigkeitsprogramme unter immensem Aufwand belegen sollen, steht übrigens im Koalitionsvertrag herzlich wenig.

Dasselbe gilt für die Kreislaufwirtschaft. Hier wird konkret nur betont, dass das chemische Recycling von Kunststoffabfällen gefördert werden solle. Da freuen sich Großentsorger und Energiekonzerne gemeinsam. Und natürlich die Plastikindustrie. Denn wenn man schon neue „Recyclingtechnologien“ für den Plastikmüll fördern will, ja, dann kann ja Plastik munter und massenhaft weiterproduziert und in den Verkehr / in die Umwelt gebracht werden. Egal, wie energieaufwändig und erfolgsträchtig diese neuen Recyclingtechnologien tatsächlich sind.

Der Koalitionsvertrag und Bürokratieabbau

-zig Mal wird im Koalitionsvertrag das Wort Bürokratie erwähnt. Bürokratische Hemmnisse abbauen. Die Bürokratie begrenzen. Von bürokratischen Anforderungen entlasten usw. usw. „Gesetze, die ihren Zweck nicht oder nicht mehr erfüllen, werden wir streichen“, so wörtlich im Koalitionsvertrag. Aber wer, der einmal ein Gesetz formuliert und durch den Bundestag und Bundesrat gebracht hat, wird schon zugeben, dass dieses Gesetz eigentlich völlig überflüssig war oder geworden ist?

Die EBV

Etwa die EBV? Eigentlich hatten alle Akteure sowie die Vollzugsbehörden recht gut mit den Zuordnungswerten der LAGA arbeiten können. Und auf der Basis hätte man durchaus bundesweit vereinheitlichen können. Aber etwas vollkommen Neues musste her, mit dem sich die Branche seit nun mehr als 2 Jahren abkämpft. Hier zitieren wir mal in voller Länge den Kommentar eines engagierten Vertreters eines kleinen Unternehmens: „Im Allgemeinen kann ich bei jedem Mal, wenn ich mit der EBV zu tun habe, nur erneut feststellen, dass sich Deutschland ins Nichts „verbürokratisieren" wird. Es ist alles ein Wahnsinn. Immer mehr Widersprüche und keine fachgerechten Lösungen in Sicht. Einfach nur traurig.“

Daneben geht im Moment ein Gerücht um, im Koalitionsvertrag habe schwarz-rot vereinbart, alle MEBs aller Materialklassen sollten den Produktstatus erhalten. Tatsächlich steht im Koalitionsvertrag nur: „Wir führen eine Abfallende-Regelung in der Ersatzbaustoffverordnung ein.“

Aber das ist nicht neu. Es gibt ja schon den Entwurf einer Abfallendeverordnung. Die Interpretation des Koalitionsvertrages dahingehend, dass damit alle Materialklassen gem. EBV gemeint sein sollen, dürfte – leider – zu weitgehend sein. Wie in so vielen Passagen bleibt der Koalitionsvertrag auch hier schwammig.

Überflüssige Regelwerke

Ein weiteres überflüssiges Regelwerk können wir z.B. in der GewAbfV finden. Die Getrennthaltung ist sowieso im KrWG vorgegeben. Der Vorrang der Vermeidung vor der Wiederverwendung und dem Recycling etc. ebenfalls. Also bräuchte man diese Verordnung eigentlich gar nicht. Stattdessen wird sie immer detaillierter und mit immer mehr Dokumentationspflichten fortgeschrieben. Und der bereits veröffentlichte Entwurf zur Änderung der GewAbfV wird wohl in Kürze verabschiedet werden.

Andere Regelwerke – wie etwa die ABA-VwV – dürften ohnehin als nicht erforderlich und damit nicht verfassungsmäßig einzustufen sein. Warum muss eine Abfallbehandlungsanlage gekapselt und mit Luftabsaugung versehen werden, wenn z.B. die Wasserbenebelung eine wesentlich effektivere Maßnahme zur Staubreduzierung darstellt. Über die gleichzeitig enorm viel Energie eingespart werden kann.

Aber wer von denen, die diese Machwerke erfunden haben, wird schon einräumen, dass diese vollkommen an der Sache vorbeigehen?

Verwaltungssprache

Zurück zur Verwaltungssprache. Da es ist kein Wunder, dass Regularien kaum noch verständlich sind. Sowieso und bereits schon lange im Sozialrecht. Derjenige, der eine Sozialleistung beanspruchen will – so etwa eine arbeitslose alleinerziehende Mutter – kann davon ein Lied singen.

Das betrifft aber auch Regularien, die – angeblich – dem Umweltschutz dienen sollen und die Entsorgung betreffen. So etwa die GewAbfV, die diversen Verordnungen nach dem BImSchG und last but not least eben die EBV. Oder die BioAbfV, die gerade novelliert wird. Wer soll bitteschön kontrollieren, ob im Bioabfall tatsächlich nur maximal 1 % Kunststoffe enthalten sind?

Aber möglicherweise sollen diese Regularien gar nicht verständlich sein! Vielleicht sollen die Akteure stets in der Unsicherheit bleiben, ob sie wirklich korrekt arbeiten. Gerade solche Akteure, die nicht eine immens aufgebaute Rechtsabteilung im Rücken haben, die die Vorgaben – und deren Schlupflöcher – bestens kennt. Und die im Rahmen ihrer Lobbyarbeit ebendiese Regularien mit initialisiert haben.

Marktbereinigung

Kurz und gut: Die umweltrechtlichen Vorgaben dienen zunehmend alles andere als dem Umweltschutz, sondern der Marktbereinigung. Konzerne können die Anforderungen noch stemmen, während kleine und mittelständische Unternehmen langsam aber sicher komplett überfordert sind. Auch im Hinblick auf die Investitionen, die durch die neuen Anforderungen erforderlich werden. Egal, ob diese Investitionen tatsächlich der Umwelt nützlich sind oder nicht.

Nochmal der Koalitionsvertrag

Kommen wir noch einmal zurück auf den Koalitionsvertrag. Die umfangreichen Vorgaben insbesondere für die kleinen und mittelständischen Unternehmen sollen reduziert und zeitlich verschoben werden. So etwa bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Doch da, wo solche kleinen und mittelständischen Unternehmen nicht unmittelbar von den Vorgaben betroffen sind, fordern die Großkunden oftmals von ihren Geschäftspartnern – also auch den kleinen und mittelständischen Unternehmen – entsprechende Berichte.

Behördliche Überwachung

Wird sich an diesem immensen Aufwand tatsächlich durch schwarz-rot etwas ändern? Wohl kaum. Viel zu beliebt ist es geworden, allein den Dokumenten Glauben zu schenken. Was in der Praxis tatsächlich passiert, wird nur stichprobenhaft kontrolliert. Obwohl gerade die behördliche Überwachung vor Ort sowohl auf Behörden- als auch auf Betreiberseite eine gute Basis für rechtssicheres Handeln darstellt. Aber Bürokratieabbau heißt bislang jedenfalls Personalabbau in der öffentlichen Verwaltung.

 
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©  2003-2025  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2025-05-21
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