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Rechtsanwältin   Dr. Birgit Stede


Newsletter September 2025

Spürbare Veränderungen?
Erleichterungen, die der EuGH aufzeigt
Abfallende für Sekundärbaustoffe
MEB
Evaluierung der EBV
Andere Entwürfe
Streichen von überflüssigen Vorgaben
Kunststoffe
Pragmatisches Denken ist gefragt
Lösungen

Manchmal braucht es halt etwas länger. So etwa bei der Frage, weshalb die Autobahnraststätte „Sauerland-Ost“ auf der Sauerlandlinie so heißt, obwohl sie doch am Westrand dieses Mittelgebirges liegt. Nach Jahren und zig-maligem Vorbeifahren fiel endlich die Erklärung wie Schuppen von den Augen. Aber es gibt Wichtigeres, das nicht so lange warten sollte. So etwa das Versprechen der Regierung, im Sommer würden die Bürger bereits positive Veränderungen spüren. Tja, außer dem wechselhaften Wetter war nichts zu spüren. Dann sollte der Herbst der Reformen kommen. Jetzt ist Herbst, und nun heißt es der Winter, das Frühjahr, der Sommer und der nächste Herbst wird kommen – stets voller Reformen.

Spürbare Veränderungen?

So wirklich daran glauben will keiner, dass der Bürokratieabbau kommt und tatsächlich Erleichterungen im betrieblichen und auch im privaten Alltag eintreten. Denn das liegt nicht nur an der Digitalisierung, sondern vor allem an den Detailfragen und Dokumentationspflichten, an denen man sich abarbeiten muss.

So konnte noch vor 30 Jahren ein Antrag für eine Altholzaufbereitungsanlage ca. 30 Seiten umfassen. Heute bedarf es für eine komplett gleichartige Anlage an einem neuen Standort mit all den geforderten Gutachten und Plänen knapp 1.100 Seiten. Und trotz Antragsentwurf und Antragskonferenz werden immer neue fachtechnische Fragen aufgeworfen, die es abzuarbeiten gilt.

Dabei sei den Behördenvertretern nichts Böses unterstellt. Denn die fühlen sich angesichts der Vorschriften genauso verunsichert wie ein Antragsteller. Sie sind ebenfalls von dem Wust an kaum noch verständlichen Vorgaben schlicht und einfach überfordert.

Erleichterungen, die der EuGH aufzeigt

Doch werden Erleichterungen, die die oberste Rechtsinstanz, der EuGH, aufzeigt, nur zögerlich aufgegriffen. So hat der EuGH vor immerhin knapp 3 Jahren in einer Grundsatzenscheidung – dem Porr-Urteil – klargestellt, unter welchen Voraussetzungen z.B. Böden nicht mehr Abfall sind, selbst wenn sie zunächst als Abfall eingestuft waren. Doch werden diese Ausführungen gerne überlesen! Obwohl diese Grundsätze, die der EuGH aufstellt, auch auf andere Sekundärrohstoffe, die zunächst Abfall waren, bedenkenlos angewandt werden können.

Doch wie oft muss noch die leidige Diskussion geführt werden, ob eine Sache als Abfall anzusehen ist oder als Produkt eingestuft werden kann! Selbst dann, wenn sie noch bestens verwendbar ist.

Abfallende für Sekundärbaustoffe

Der Bund wollte mit den Vorentwürfen zur EBV ja schon das Abfallende zumindest bestimmter Sekundärbaustoffe festlegen. Das wurde aber gestrichen. In der EBV lesen wir hiervon nichts mehr. Dann kam das Eckpunktepapier; ein Referentenentwurf für eine Abfallende-Verordnung sollte folgen.

Die Verordnung ist bislang nicht in Sicht, was wohl auch ganz gut so ist. Denn der Bund hatte geplant, nur für die besten mineralischen Ersatzbaustoffe (MEBs) den Produktstatus festzuschreiben, was natürlich die Akteure und Verbände auf den Plan gerufen hatte. Doch zum Glück gibt es die Verordnung noch nicht. Denn ohne diese Verordnung kann jedenfalls auf § 5 Abs. 1 KrWG zurückgegriffen werden!

Der Bund hat nach eigenem Bekunden nun offenbar die Tendenz, eine EU-Abfallende-Verordnung abwarten zu wollen. Ob die Bundesregierung darauf drängen wird, dass tatsächlich alle MEBs die Produkteigenschaft erhalten, so, wie es manche Verbände erhoffen? Nun, diese Hoffnung dürfte wohl eher der Traumwelt entspringen.

MEB

Im Übrigen ist der Name MEB – also mineralische Ersatzbaustoffe – ohnehin reichlich miserabel gewählt. Denn Kaffeeersatz ist nun einmal kein Kaffee. Und ein Ersatzrad soll auch nicht dem üblichen Fahrgebrauch dienen. Dem Wort „Ersatz“ haftet ein Makel an, den sich der Verordnungsgeber durchaus hätte sparen können!

Alle reden von Sekundärrohstoffen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft. Warum also nicht Sekundärbaustoffe?

Evaluierung der EBV

Zwischenzeitlich hat die Evaluierung der EBV im Rahmen eines zweiten Planspiels stattgefunden. Und die Akteure, die „Spieler“, berichten fleißig, welche Detailfragen diskutiert wurden, die im Rahmen der Novellierung der EBV berücksichtigt werden müssten. Erleichterungen für Kleinmengen, Wegfall des ausführlichen Säulentests, Festlegungen für kiesigen Untergrund etc.

Wir werden sehen, was da im Ergebnis wirklich rauskommt. Noch liegt der Entwurf zur Änderung der EBV nicht vor.

Andere Entwürfe

Andere Verordnungsentwürfe sind in der Pipeline und waren das eigentlich schon, als die Ampel zerbrochen ist. Der Referentenentwurf zur Änderung der GewAbfV. Der noch mehr Dokumentationspflichten vorsieht. Und der die behördliche Überwachung stringenter machen soll. Fragt sich nur, wo die Behörden das Personal für noch stringentere Überwachungen hernehmen sollen.

Der Entwurf zur Änderung des ElektroG. Und immer wieder auf’s Neue die Diskussion, ob nicht diese vollkommen überflüssigen und gleichzeitig so brandgefährlichen Einweg-E-Zigaretten verboten werden sollen. Das BatterieG,…

Wo und wie in all den einschlägigen Verordnungen und Gesetzen tatsächlich Vereinfachungen eingeführt werden könnten – nun, diese Überlegungen bleiben offenbar auf der Strecke.

Streichen von überflüssigen Vorgaben

Dasselbe gilt für das Streichen von überflüssigen bzw. nicht verfassungskonformen Vorgaben. Wie etwa der ABA-VwV. Zwar nur eine Verwaltungsvorschrift, an die sich die Vollzugsbehörden aber gebunden fühlen sollen. Zum Glück fühlt sich aber nicht jede Vollzugsbehörde hieran gebunden.

Denn diese ABA-VwV ist jedenfalls in den für die Abfallentsorgung einschlägigen Passagen nun einmal nicht erforderlich und damit nicht angemessen und sie widerspricht dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Daneben konterkariert sie andere umweltrechtliche Vorgaben wie etwa den sparsamen Umgang mit Energie oder an den Brandschutz.

Kunststoffe

Kürzlich fand wieder der Weltkongress zum Schutze der Umwelt vor Plastikeintrag statt. Eine Einigung wurde nicht gefunden. Das wurde vor allem den erdölfördernden Ländern angehängt. Aber ist nicht auch die weltweit aktive kunststoffproduzierende und -verarbeitende Industrie höchst erfreut darüber, dass keine Vereinbarung getroffen wurde?

Derweil gelangen geschätzt bis zu 23 Mio. Tonnen Plastikmüll jährlich in die Ozeane.

Pragmatisches Denken ist gefragt

Pragmatisches Denken ist gefragt. Und hier kommen wir wieder zurück auf den EuGH, der durchaus pragmatische Entscheidungen trifft. So hatte der EuGH Anfang August und in zweiter Instanz – wie schon die erste Instanz – bestätigt, dass der RAC (das ‚Comittee for Risk Asessment‘ = der Ausschuss für die Risikobewertung) nicht alle für die Bewertung der fraglichen wissenschaftlichen Studie relevanten Gesichtspunkte berücksichtigt habe. Es geht um Titandioxid. Die Einstufung von Titandioxid als „vermutlich krebserregend“ wurde für nichtig erklärt; der entsprechende Eintrag in der CLP-Verordnung ist zu streichen.

Was auch nur sachgerecht erscheint. Oder wer hat schon davon gehört, dass man vom Zähneputzen oder Salami-Essen Krebs bekommt? In Zahnpasta und in künstlichen Salami-Pellen wird jedenfalls regelmäßig Titandioxid verwendet.

Lösungen

Solche pragmatischen Ansätze müssten der Maßstab für abfall- und umweltrechtliche Vorgaben sein. Was schadet wirklich der Umwelt oder der Gesundheit? Sind Bodenwerte schädlich, wenn diese dem entsprechen, was in der Natur vorkommt? Brauchen wir wirklich eine Erlaubnis zum Einleiten von Regenwasser über Rigolen, nur weil dieses Wasser zunächst auf einer Dachfläche niedergeht? Brauchen wir ein prtr-Register, das Schadstoffregister, das letztlich kein Mensch prüft und prüfen kann?

Umgekehrt: Warum nicht definitiv schädliche Produkte wie etwa Einweg-E-Zigaretten (Ressourcenverbrauch und hohes Brandrisiko), Laubbläser und überdimensionierte Heckenscheren (Lärm) und vor allem auch Stoffe wie Glyphosat (Zerstörung von Flora und Fauna und enorme Gesundheitsschäden) sofort und strikt verbieten? Da könnte einem noch Einiges einfallen.

Dann wäre die Welt vielleicht etwas gesünder. Und das Leben etwas einfacher.

Ob sich unser Merz/Klingbeil-Team nach den gesprächstherapeutischen Kabinettsklausuren zum besseren Kennenlernen zu solchen Maßnahmen berufen fühlt…?

 
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©  2003-2025  Dr. Birgit Stede, Ihr Anwalt für Umweltrecht, Abfallrecht, Genehmigungsrecht, Bodenschutz- und Wasserrecht sowie Umweltstrafrecht in Landsberg am Lech, Bayern und bundesweit.
Diese Seite wurde zuletzt geändert am 2025-09-25
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