Rechtsanwältin Dr. Birgit Stede |
Eigentlich war die Idee des brasilianischen Präsidenten Lula de Silva hübsch. Der Kanzler hätte in Belém das regional beliebte Eintopfgericht probieren und in einer Bar ein Bier trinken sollen. Und danach hätte er elegant-geschmeidig mit brasilianischen Schönheiten tanzen können. Aber die Idee kam zu spät: Der Kanzler freute sich, schon wieder in Berlin zu sein. Überhaupt war der Besuch in Belém ausgesprochen kurz, offenbar nicht so wichtig wie andere, vordringliche Angelegenheiten. Klima hin oder her – die deutsche Wirtschaft muss auf Vordermann gebracht werden. Zumindest die stromintensive Großindustrie!
Einweg-E-Zigaretten oder: Gut Ding will Weile haben
Aktuell wurde das novellierte ElektroG verabschiedet. Trotz der alltäglichen Brände in Entsorgungsanlagen, die zum überwiegenden Teil auf falsch entsorgte Lithium-Ionen-Batterien zurückgeführt werden, wurde ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten jedoch nicht ausgesprochen.
Obwohl seit mittlerweile einigen Jahren die einschlägigen Verbände das Verbot ebendieser Einweg-E-Zigaretten fordern.
Prüfpflicht des Bundes
Immerhin, so lobt man sich selbst, sei nun eine Prüfpflicht des Bundes festgeschrieben worden, wie ein solches Verbot europarechtskonform erlassen werden könne. Ach. Hatte man da nicht jahrelang Zeit, dies zu prüfen? Hätte man nicht kurzentschlossen den französischen oder belgischen Umweltminister befragen können, wie diese das längst ausgesprochene Verbot begründet haben?
Jahrelange Prüffristen? Da wäre so manche Anlage bereits stillgelegt worden, würde z. B. ein gegengeprüftes Brandschutzkonzept nicht innerhalb einer eng gesetzten Frist vorgelegt. Aber sich selbst bloß nicht überschlagen – trotz der häufigen Brände.
Dafür wurden die Rücknahmemöglichkeiten erweitert. Na klar, die Nutzer werden nun ihre gebrauchten Einweg-E-Zigaretten fleißig sammeln und nur noch an den zugelassenen Rücknahmestellen abgeben!
Lachgas-Kartuschen
Daneben gibt es das Problem mit explodierenden Lachgas-Kartuschen. Was an diesem 1-2-minütigem Rausch so berauschend sein soll, bleibt unerfindlich. In der Szene ist es aber höchst beliebt.
Zumindest sollen die größeren Kartuschen für den privaten Gebrauch verboten werden. Das steigert gewiss den Schutz vor Explosionen in Müllverbrennungsanlagen und -fahrzeugen. Unabhängig davon bleibt z. B. Fertigsahne unangetastet. Sprühen, und schon ist die Sahne auf dem Kuchen. Nur, dass die Fans eines solchen Rausches sich auch gerne solcher Kartuschen bedienen.
Circular Economy und …
Circular Economy, Aktionsplan zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft, Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie, Zirkuläres Bauen, Zero Waste City etc. etc.
Man nenne es, wie es wolle, auf allen Ebenen – von den G7-Staaten über die EU, die nationalen Programme bis hin zu regionalen und städtischen Zielen – wird die Kreislaufwirtschaft großgeschrieben. Transformation der Produktion in Richtung Nachhaltigkeit, Wiederverwendung und Reparaturfreundlichkeit, Rückgewinnung von Sekundärrohstoffen zur Nutzung im eigenen Wirtschaftsraum. Also möglichst im Inland oder zumindest in Europa.
In einzelnen Sektoren kann das vielleicht funktionieren. Aber da sind
… die prinzipiellen Hindernisse
So tut man sich auf allen Ebenen schwer, die Produkteigenschaft von Sekundärrohstoffen anzuerkennen. Die Hürden hierfür sind regelmäßig höher als für Primärprodukte.
Hinzu kommt, dass die Primärprodukte – wie etwa Produkte aus Plastik – aufgrund des Rohölpreises oftmals günstiger sind als die von Recyclingkunststoffen. Dasselbe gilt z. B. für Naturbaustoffe im Vergleich zu aufbereiteten Sekundärbaustoffen. Auch ermöglichen die elenden Arbeitsverhältnisse und Billigstlöhne in den Entwicklungsländern, dass Primärrohstoffe wesentlich günstiger sind als solche aus Recyclingprozessen.
Forderungen, Sekundärrohstoffe politisch-finanziell zu unterstützen wie etwa durch Senkung der Mehrwertsteuer (so, wie es z. B. bei der Deutschen Bahn der Fall ist), werden bislang nicht erhört. Und dass die öffentliche Hand als Beschaffer von Waren sowie als großer Auftraggeber von Baumaßnahmen tatsächlich verpflichtend vorrangig Sekundärrohstoffe zu verwenden und in den öffentlichen Ausschreibungen zu berücksichtigen hat? Die Forderung zur Änderung des einschlägigen § 45 KrWG ist jedoch bislang verpufft.
Korrekturen der EBV
Das Planspiel 2.0 – wie haben berichtet – fand bereits im Frühjahr dieses Jahres statt. Es wurden letztlich die Kritikpunkte zusammengefasst, die seit Inkrafttreten der Ersatzbaustoffverordnung bekannt sind und in der Praxis der Aufbereitung mineralischer
Abfälle erhebliche Probleme bereiten.
Das Umweltbundesamt hat nun die „low-hanging-fruits“, also die Änderungsvorschläge, die leicht umzusetzen wären, zusammengefasst. Und neben den Verbänden fordert z. B. auch die Umweltkonferenz der Länder eine zügige Umsetzung. Doch der Bund lässt verlauten, dass frühestens in der 2. Hälfte des kommenden Jahres mit einem Entwurf zur weiteren Novellierung der EBV zu rechnen sei. Zügige Entschlackung rechtlicher Vorgaben sieht anders aus!
Asbest
Dabei stoßen die Aufbereiter stets auf neue Probleme. So etwa die erforderliche Prüfung auf Asbestgehalte im Bauschutt, wenn ein Gebäude, das für den Abriss vorgesehen ist, vor dem 31. Oktober 1993 errichtet wurde. Denn ab dann war Asbest verboten. Gutachter, die Schadstoff-Vorerkundungen machen, sind gefragt.
Dabei gilt der Bauschutt schon ab einem Anteil von als asbesthaltig und darf jedenfalls nach der LAGA M23 nicht mehr verwertet werden. Im Ergebnis bedeutet dies: trifft man im Bauschutt auf einzelne Asbestfasern, so ist im Zweifel die gesamte Charge als asbesthaltig einzustufen. Ob dies verhältnismäßig ist angesichts dessen, dass z. B. selbst in der Außenluft bis zu 150 Fasern pro m³ enthalten sein können?
PFAS
Doch damit nicht genug. Die Wiederverwendung von Böden kann daran scheitern, dass PFAS festgestellt werden. Die Grenzwerte für PFAS wurden aktuell verschärft. PFAS können prinzipiell überall sein, selbst ganz oben im Hochgebirge. Denn sie wurden auch für Skiwachs verwendet. Überhaupt wurden diese „Ewigkeitschemikalien“ wegen des so gelobten Lotuseffekts hemmungslos in allen möglichen Produkten verwendet. PFAS-Verbote werden bislang nur für einzelne dieser Chemikalien, die zu dieser Stoffgruppe gehören, verbunden mit bestimmten Nutzungen, zum Teil langen Übergangsfristen und reihenweise Ausnahmeregelungen ausgesprochen.
Allerdings reichern sich diese Stoffe auch im menschlichen Körper an. Und so sind die Konzentrationen in einzelnen Regionen – vor allem da, wo diese Chemikalien produziert wurden – bereits so hoch, dass Blutspenden nicht mehr für Transfusionen verwendet werden dürfen.
Mikroplastik
Doch damit immer noch nicht genug. Die Erde ist übersät mit Mikroplastik. Allerdings gibt es hierfür bislang keinen Grenzwert. Außer, dass der Organikanteil allgemein und selbstverständlich bei der weiteren Verwendung / Verwertung von Böden limitiert ist.
Und weshalb gibt es hier keinen Grenzwert? Nun, jedenfalls auf dem Festland ist Mikroplastik hauptsächlich auf das Waschen von Mischfasern und auf Reifenabrieb zurückzuführen. Aber deshalb die Einfuhr von Textilien mit Mischfasern untersagen, was den Altkleiderverwertern durchaus nutzen könnte? Oder deswegen den immensen Individual- und LKW-Verkehr begrenzen? Wo kämen wir denn da hin? Und dann auch noch den öffentlichen Nahverkehr weiter ausbauen!
Belém
Der COP30-Gipfel ist vorbei. Lula de Silva und Merz haben sich wieder versöhnt. Beim nächsten Treffen wollen sie gemeinsam tanzen gehen.
Aber wie schon beim Gipfel zum Schutze der Ozeane im Juni und dem Gipfel zur Eindämmung des Plastikmülls im August ist nichts Verbindliches herausgekommen. Eine Einigung zum Ausstieg aus den fossilen Energien konnte nicht erzielt werden. Allein war man sich einig, dass man weiter verhandeln will. Das wäre ja auch zu schade, wenn diese internationalen Gipfeltreffen nicht mehr stattfinden würden.
Daneben wächst die Zahl der Klimaflüchtlinge stetig. 2024 haben nach aktuellen Schätzungen der UNO-Flüchtlingshilfe ca. 45,8 Mio. Menschen ihre Heimat wegen klimabedingten Ereignissen wie Dauerregen, langanhaltenden Dürren, Hitzewellen und Stürmen verlassen müssen. Selbst die Weltbank berechnet, dass es im Jahre 2050 fast 150 Mio. Flüchtlinge sein werden. Andere Schätzungen liegen noch darüber.
Hauptsache aber, diese Flüchtlinge – und sei es nur ein minimaler Anteil – kommen nicht bei uns an. Das würde ja unser Stadtbild verschandeln!
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